Coronisch gesehen war die St. Martin-Kirche in Nienstedt voll besetzt, und jeder Gottesdienstteilnehmer fand unter seinem Platz ein Party-Set vom Kirchenvorstand. „.Das ist der Ersatz für ein rauschendes Abschiedsfest, bei dem ich heute gern der meistumarmteste Mann des Sösetals gewesen wäre“, so Pastor Wolfgang Teicke. Und das wäre er wohl auch gewesen. Nach dem Gottesdienst, der mit stehenden Ovationen ausklang, hatten sich eingeladene Gäste, Wegbegleiter, Familienangehörige und Vertreter der kirchlichen und kommunalen Arbeit eingefunden, um mit korrektem Abstand Danke und Auf Wiedersehen zu sagen. Die Verabschiedung und Entpflichtung von Pastor Wolfgang Teicke wurde in einem ungewöhnlichen, aber sehr gelungenen Rahmen durchgeführt.
Dr. Ing. Uwe Brinkmann, der von 2011 bis zum Amtsantritt von Pastor Teicke im Jahr 2013 Übergangspastor war, trat jetzt als stellvertretender Superintendent vor den Altar, um vor der Entpflichtung seines Amtskollegen auch an eine amüsante Begebenheit zu erinnern. Denn zu einem Konfirmationsunterricht, der unter dem Thema „Taufe“ stand, hatte er eine mit vielen Dingen befüllte Kiste mitgebracht, von denen sich jeder eine Teil herausnehmen sollte. Ein Jugendlicher kramte mit der Begründung „Ich brauche Wolle zur Taufe“ ein Wollknäuel heraus. Genau zu dem Zeitpunkt kam Pastor Wolfgang Teicke, der als „Wolle“ bekannt ist.
Der Junge sollte Recht behalten, denn „Wolle“ dürfe nun auf sieben erfolgreiche Jahre schauen. Schließlich habe er das richtige Wort zur richtigen Zeit gesagt. Die Begleitung in schwierigen Lebenslagen sei ihm ebenso gelungen wie die Konfi-Arbeit. Ihm, so Pastor Dr. Brinkmann, bleibe jetzt „nur“ noch, für die insgesamt 30 Jahre währende, gute Dienstzeit zu danken. Der aus dem Amt Scheidende habe mal gesagt, dass er ordentliche Arbeit machen wolle. „Und das ist ihm gelungen“.
Nach diesen Worten der Anerkennung erfolgten die Entpflichtung mit einer Urkunde des Landesbischofs und die Segnung des Kirchenmannes
Die beiden Kirchenvorstandsvorsitzenden ließen es sich ebenfalls nicht nehmen, zurück zu blicken.
Dietmar Eisler (Eisdorf, Willensen) hielt dabei auch nicht mit amüsanten Wortspielereien hinterm Berg. Der neue Pastor stellte sich beim Schüttenhoff Eisdorf seiner Gemeinde vor. „Ein schon älterer Herr, der es sicher in Ruhe angehen lässt“. Dieser Aktion seien aber keine sieben ruhige Jahre gefolgt. Denn „Wolle“, der wohl gewusst habe, auf was er sich einließ, habe sich vielfach eingebracht. Bestimmt habe er keinen grünen Daumen und bescheidene Erfolge im handwerklichen Bereich gehabt. Dafür habe man sich auf seinen „blauen Daumen“ verlassen können. „Schreiben war sein Ding. Er stellte Worte zusammen, die der jeweiligen Person auf den Leib geschrieben waren“. Er sei ein Vollblutpastor gewesen. Eisler brachte die Hoffnung zum Ausdruck, dass das Landleben die sieben Jahre zu einer angenehmen Dienstzeit gemacht hätte. „Du kehrst von dem ruhigen, schönen Sösetal ins hektische Einbeck zurück“.
Michael Wächter (Nienstedt, Förste) erinnerte eingangs daran, dass Pastor Dr. Brinkmann gute Vorarbeit geleistet und „Wolle“ klargemacht habe, aus was er sich einlasse. „Er hat es trotzdem gemacht und ist von der Stadt aufs Dorf gezogen“. Wächter erinnerte sich an die erste Begegnung, die daraus bestand, dass er auf die desolate Lage des Jugendkreises und der Konfi-Freizeit zu sprechen kam. Der neue Pastor sollte der Jemand sein, der all das in den Griff bekam. Der habe ihn übrigens auch gleich unter dem Motto „wer viel meckert, trägt Verantwortung“ zum Jugendbeauftragten gemacht.
Am Ende müsse man sagen, das „Wolle“ die Konfis begeisterte. Viele von ihnen „stürzten“ sich nämlich, nach einer kurzen Auszeit, in die Kurse, um zu Juleica-Teamern zu werden. Dies sei „nur“ ein Beispiel dafür, was alles in den sieben Jahren sehr gut geklappt habe. „Wichtig war, dass du mit den Menschen, mit denen du zusammen kamst, konstruktiv gearbeitet, dich gestritten und versöhnt hast. Wir waren sehr gerne deine Gemeinde und trennen uns schwer von dir“.
Schließlich müsse man sich von einem Pastor verabschieden, dem es gelungen sei Menschen für die Kirche zu begeistern. Er habe Gemeindekarrieren geschaffen und Grundsteine gelegt. Er verlasse die Kirchengemeinde Nienstedt-Förste nicht nur als fünfzehnter Pastor, sondern insbesondere als erster, der auch die Kirchengemeinde Eisdorf-Willensen betreute.
Auch Klaus-Wilhelm Depker trat vor die Gottesdiensteilnehmer um als Vakanzvertreter mit ihnen zu beten. Ulrike Hastedt, Einbeck wiederum ließ die Orgel und ein Keyboard erklingen, um zu den Melodien Lieder anzustimmen. Eines – „Du gehst fort“ sollte sich alles wahre Hymne herausstellen. Zum Ausgang variierte sie den BEATLES-Song „All you need is love“
Wolfgang Teicke sprach schließlich allen ein großes Dankeschön aus, die ihn auf den sieben Jahre währenden Weg durch zwei Kirchengemeinden begleitet haben. Ihm sei bewusst, dass er nicht zu allen gepasst habe und allen gerecht geworden sei: „Ich bitte um Vergebung für Fehler, um die ich weiß, für Fehlverhalten, was ich bedauere oder für die Schuld, mit der ich Gefährten und Gemeinde belastet habe, ohne es realisiert zu haben.“
(Text und Bilder: P. Bordfeld)